Protokoll über die öffentliche Sitzung am Donnerstag, 24. 3. 2011

Protokoll

über die

öffentliche Sitzung am Donnerstag, 24. 3. 2011

im örtlichen Programm des

„Internationalen Jahres der Wälder – 2011“

Ort: Kaufbeuren, Volkshochschule – ZiNr. 105

Beginn: ca. 20.00 Uhr

Ende: ca. 22.00 Uhr

Anlagen:

Einladung vom 28. 2. 2011

Schreiben der Regierung von Schwaben vom 21. 5. 2008 (BDin Roßmann)

Anwesenheitsliste (dem Original beigefügt)

TOP 1 – Begrüßung…

Nachdem  AK-Sprecher Peter Orendi die Anwesenden begrüßt hatte, gedachte die Versammlung der Opfer aus Anlass der Natur- und Atom-Katastrophe in Japan.

TOP 2 – Rückblick und Sachstands-Bericht über die laufende BN-Schutzwald-Aktion 2011

Peter Orendi gab einen Rückblick auf die bisherige und laufende BN-Schutzwald-Aktion, die Ende des letzten Jahres 2010 ins Leben gerufen wurde. Er dankte dabei den zahlreichen bisherigen Unterstützern, die im laufenden „Internationalen Jahr der Wälder – 2011“ einen unverzichtbaren und namhaften Beitrag zum künftigen Erhalt der Schutzwälder rund um Kaufbeuren geleistet haben

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TOP 3 – Aktuelle Informationen rund um das Reifträgerweg-Schutzwaldgebiet

–      AK-Co-Sprecher Karl Ilgenfritz gab zunächst einen kurzen Rückblick auf die Entstehungs- und bisherige Wirkungsgeschichte der sog. „Reifträgerweg/RTW-Petitionen“ mit denen sich neben dem  Bayerischen Landtag seit  etwa 2 Jahren auch viele Fach- und Aufsichts-Behörden befasst haben. Die Grundproblematik, dass zum Zeitpunkt der Einlegung der Petitionen und ebenso bis zum heutigen Tage noch kein anfechtbarer RTW-Bebauungsplan vorlag und vorliegt, zeigte sich – wenn auch verzögert  – im Rahmen der Abwicklung der Petitionen, über die aus diesem Grunde am 8. 12. 2010 im Großen Senatssaal des Bayerischen Landtages materiell-rechtlich nicht entschieden werden konnte.

–      War es am 26. 10. 2010 noch der Abgeordnete Johann Hintersberger (CSU), der in seiner Funktion als  Landtags- Berichterstatter im Petitionsausschuss sogar via nachzulesender Allgäuer Zeitung (AZ-Bericht: Markus Bär vom 27. 10. 2010) der Stadt Kaufbeuren und der Gemeinde Germaringen eine Art  positive Vor-Entscheidung pro RTW – voreilig – in Aussicht stellen wollte und dies in der AZ auch „durfte“, vermittelte die Petitionsausschuss-Sitzung am 8. 12. 2010 – im Beisein von Peter Orendi und Karl Ilgenfritz – ein völlig anderes Bild. Der CSU-Abgeordnete Hintersberger musste dabei – ersichtlich „rückwirkend“ enttäuscht – von sich aus plötzlich und entgegen seines noch am 26. 10. 2010 gegenüber  AZ-Redakteur Markus Bär in Kaufbeuren ausdrücklich verkündeten „RTW-Planungsoptimismus“ allen Ausschussmitgliedern und der erschienenen Öffentlichkeit mitteilen, dass der Petitionsausschuss nunmehr gar keine Entscheidung pro oder contra RTW – eben in Ermangelung einer ausgelegten und erst damit anfechtbaren Bauleitplanung – treffen kann. Nachdem Dr. Paul Wengert (SPD) am 8. 12. 2010 die wesentlichen Inhalte der Petitionen (vgl. RTW-Systematik von 10/2010) engagiert vorgetragen hatte, konnte der Ausschuss letztlich nur noch die Formal-Entscheidung treffen, dass sämtliche Petitionsunterlagen (= Petitionsschriften + Stellungnahmen der Fach-Behörden…) den beiden beteiligten Gebietskörperschaften… zur RTW-planerischen Kenntnisnahme und ggf. zur RTW-planerischen Berücksichtigung zu übersenden sind.

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–      Die Tatsache, dass dies erst kürzlich, Anfang März – also rd. 3 Monate nach der Petitionsentscheidung vom 8. 12. 2010 selbst – geschehen ist, vermag die Komplexität des Verfahrens sinnfällig aufzeigen. Besonders bemerkenswert war und ist, dass sich auch das Bayerische Staatsministerium des Innern – Abt. Oberste Baubehörde –  unter Ministerialdirektor Poxleitner unmittelbar mit dem Sachverhalt befasst hatte und dabei sämtliche o. g. Petitionsunterlagen von dieser regierungsamtlichen Stelle aus an die Stadt Kaufbeuren und die Gemeinde Germaringen hochoffiziell weitergeleitet wurden. Obzwar auch hierin keine Entscheidung pro oder contra RTW enthalten ist und auch nicht abgeleitet werden kann, ergibt die offizielle Weiterleitung der Petitionsunterlagen über die Bayerische Staatsregierung die völlige Erfüllung des Ziels der Petenten.          Die umfassenden RTW-Sachverhalte waren leider bisher weder den Stadt- noch den Gemeinderäten in Kaufbeuren und      Germaringen noch der Öffentlichkeit hinreichend bekannt gemacht worden. Dieses RTW-Informations- bzw. Beachtungs-Defizit kann nicht nur sondern müsste eigentlich jetzt nach dem Willen der zuständigen Regierungs-Stellen – ausgehend vom Landtagsbeschluss vom 8. 12. 2010 – jetzt endlich auch und gerade publizistisch ausgeglichen werden.

–      Nachdem Bgm. Rager u. a. im Rahmen der Bürgerversammlung von Germaringen am 22. 3. 2011 auf eine Anfrage von Michael Jahn vom Agenda21ArbeitskreisesKlimaschutzKaufbeuren hin mitgeteilt hatte, dass er die o. g. amtlichen Unterlagen bisher noch nicht einmal selbst studiert habe, ergeben sich allerdings Zweifel, ob der Wille des Landtages und der Bayerischen Staatsregierung vor Ort eine entsprechende Umsetzung findet. Bgm. Rager vermittelte ebenso im Rahmen der Bürgerversammlung im Ortsteil Riederloh auf eine entsprechende Anfrage von Robert Negele vom Agenda21ArbeitskreisKlimaschutzKaufbeuren keinen anderen Eindruck. Co-Sprecher Karl Ilgenfritz meinte in diesem Zusammenhang abschließend, dass auch in Kaufbeuren das Thema „Sorgfaltspflicht“ der Mandatsträger kommunaler Gebietskörperschaften dann auf die Tagesordnung gesetzt werden muss, wenn sich die zu einer RTW-Abstimmung aufgerufenen Räte nicht mit den zur Verfügung stehenden Unterlagen, die sie prüfen könnten und ausdrücklich amtlich prüfen sollen, befassen. Aktuelle Beispiele zeigen auf, wie landauf und landab gerade das Thema „Sorgfaltspflicht“ (vgl. Landesbank u. v. a.) der

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–      staatlichen Aufsichtsstellen… deutschlandweit die Schlagzeilen nachhaltig beherrscht.

–      Einige wenige Ausführungen des Bayerischen Landtages (Anlage 2 Tz. 6 zum Petitionsbescheid 8. 12. 2010) wurden in der AK-Sitzung wörtlich vorgetragen, so beispielsweise:

„… Im Rahmen der Beteiligung der Behörden…werden die betreffenden Stellen – insbesondere auch das AELF Kaufbeuren – sich dazu zu äußern haben, inwieweit die Planungen den rechtlichen und fachlichen Anforderungen – etwa nach dem Bayer. Waldgesetz – entsprechen und ob evtl. eine Umweltverträglichkeitsprüfung gem. § 39aBayWaldG und alternative Planungen erforderlich sind. …“

„… Darüberhinaus steht ihnen (Anm.: den Petenten) gegen die späteren Satzungsbeschlüsse das Rechtsmittel der Normenkontrollklage zum Bayer. Verwaltungsgerichtshof offen. …“

„… Vieles spricht allerdings dafür, dass dagegen (Anm.: RTW-Bauleitplanung) erhebliche Bedenken bestehen dürften, die sich aus den einschlägigen Bestimmungen des BayWaldG ergeben und die von der örtlichen Forstbehörde bereits angedeutet wurden. Auch im Hinblick auf die Planrechtfertigung dürften die Hürden recht hoch sein.“

TOP 4 – Beamer-Präsentation über die Entwicklungsgeschichte des Schutzwaldes und Waldschadensbericht im Verlauf der letzten Jahre und Jahrzehnte – am RTW

–      Michael Jahn, AK-Co-Sprecher und Robert Negele haben im Rahmen ihrer aktualisierten Beamer-Präsentation eine erneut eindrucksvolle  Berichterstattung über die teilweise dramatische Entwicklung der Rückbildung des Schutzwaldes am RTW gegeben. Haupt-Ausgangspunkt der Rückbildung waren zwar zunächst Windbrüche und damit die Wirkung höherer  Gewalt vor rd. 20 Jahren. Dennoch ist gerade deswegen – vor dem Hintergrund des bekannten Vorliegens  besonderer Schutzwald-Funktionen am RTW – einer Wiederaufforstung eine erhöhte forst-

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–      Aufsichtliche Aufmerksamkeit zu widmen. Nicht nachvollziehbar bleibt daher bis heute, dass gerade das Gegenteil dessen erfolgt ist und dabei sogar die bisherigen Umwandlungs-Absichten von „Schutzwald in Bauland“ für den Bereich von Riederloh I forstaufsichtlich geduldet wurden. Ob diese bisherige Duldung rechtlichen Bestand haben kann, wird sich auch angesichts des in einem Enteignungsverfahren 2003 für mehrfach rechtwidrig erklärten RTW-Bebauungsplan von 1998/2003 noch zeigen – zumal das Forstamt unter neuer Leitung –  im Gegensatz zur Beurteilung von Riederloh I – für den analogen Bereich von Riederloh II eine ganz andere, jedoch diesmal sachgerechte Beurteilung (z. B. Erhalt von Sturmschutzwald hat Vorrang…) abgegeben hat.

–      Michael Jahn und Robert Negele konnten anhand von teilweise historischem, Jahrzehnte altem Bildmaterial das immer mehr „schwindende“ RTW-Waldgebiet zeigen. Auch die teilweise hinter den aktuellen RTW-Planungsabsichten stehenden individuellen Grundstücks-Interessen, die eine preissteigernde Umwandlung von „Wald in Bauland“ vorsehen, wurde angesprochen. Dabei wurden viele weitere Aspekte der offenen und verdeckten Planungsabsichten (z. B. Bypass zwischen Dehner und einem etwaigen RTW bei Kaufbeuren, Kanalanschluss an das rd. 4 km entfernte Kanalnetz in Germaringen und die auch davon ableitbare erweiterte Größenordnung eines künftigen RTW-Gesamt-Planungsgebietes…) angesprochen.

–      Im Rahmen der Beamer-Präsentation wurde den Teilnehmern das  Schreiben der Regierung von Schwaben vom 21. 5. 2008 (BDin Roßmann – vgl. Anlage hierzu) an die Historische Forschungsstelle Kaufbeuren ausgehändigt:

Darin hat Frau BDin Roßmann ausdrücklich und regierungsamtlich mitgeteilt, dass die (RTW-)Straßenerschließung der weiteren Erschließung von Gewerbe- und Wohnbaugebieten bis hin zur B 12 dienen soll. Der  Wortlaut dieses Schreibens bestätigt  einerseits die Ausführungen in den Zweckvereinbarungen zwischen Kaufbeuren + Germaringen ebenso wie die bisherigen  Vermutungen des Agenda21-AK Klimaschutz andererseits, d. h.:

Die Folgewirkungen der etwaigen Erschließungen, die in diesem Schreiben offen zum Ausdruck kommen, bedeuten nämlich  eine

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völlige, 180°ige Umkehr der bisherigen Raumordnung, die noch von einem intakten Schutzwald-System geprägt wird. Würden die vorgetragenen negativen „Zukunftsaussichten“ verwirklicht werden,

käme es über die Umwandlung von „Schutzwaldgebieten in Bauland“ auch zu einer Grundstücks-Spekulation einiger weniger.

TOP 5 – Fragen zum Vortrag

Befassung und Erledigung erfolgte im Rahmen von TOP 4.

TOP 6 – Verschiedenes

–      TVA-Mitschnitt über die Begehung des Petitionsausschusses am 26. 10. 2010

Im Rahmen der Präsentation dieses Mitschnitts, ausgestrahlt am 28. 10. 2010, wurde auch eine TVA-Interview-Frage erörtert:

Im Rahmen des TVA-Interviews wurde von Seiten der Stadtspitze erklärt, dass die von einem voll ausgebauten RTW lediglich eine Verkehrsentlastung für die Sudetenstraße 15 % betrage.

(Anm.: Diese Quote – eigentlich 14% –  gilt allerdings nicht generell sondern nur für die Verkehrs-Spitzen-Zeiten, in den übrigen Zeiten fällt die Quote weitaus geringer aus, nämlich: rd. 8 % (= rd. 2.000 Fahrzeuge  bzw. wegen fehlender RTW-Nordanbindung… sogar 8 % minus X…).

–      Thomas Frey, Referent des Bund Naturschutz, erklärte hierzu gegenüber TVA, dass für eine Minderung der sog. Dezibel-Werte (= Lärmwerte) um bloße 3 Wert-Punkte eine Verkehrsentlastung von 50 %, d. h. von immerhin rd. 12.000 Fahrzeugen in der Sudetenstraße nach einem etwaigen RTW-Bau erfolgen müsste. Dies war, ist und bleibt Illusion, da eine Prognose-Entlastung für die Sudetenstraße von 2.000 – 3.600 (und diese nur in der Spitze) dort nicht spürbar würde.

–      Flächenverbrauch – vgl. aktuelle BN-Studien – vgl. AZ/KB…

Nachdem seit kurzem die BN-Studien zum Flächenverbrauch        vorliegen, wiesen einige kommunale Spitzenvertreter im Allgäu

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diese Erkenntnisse bereits, teilweise brüsk (z. B. für Kaufbeuren) zurück. Die AK-Versammlung konnte im Rahmen dieser      Befassung         indes Folgendes nicht verstehen:

Die Flächenverbrauchs-Statistik weise im Vergleich mit Nachbar-          Gebietskörperschaften  für die Stadt Kaufbeuren sehr hohe Werte         auf.

Als besonders auffällig wurde zur Kenntnis genommen, dass  man          beispielsweise in Memmingen und Kempten mit einem zu     Kaufbeuren vergleichsweise  geringeren Flächenverbrauch    eine positive Stadtentwicklung beobachten        könne, in Kaufbeuren hin-

gegen trotz eines höheren Flächenverbrauchs eine solche   positive Entwicklung nicht feststellbar sei. Aus der Versammlung          kam dabei  die Anregung    an, beide Entwicklungen (=        der Fläch- en-Verbrauch soll im Verhältnis zur jeweiligen Einwohner-         Entwicklung usw. in vergleichbaren Städten näher untersucht          werden), denn:

Überdurchschnittlicher Flächenverbrauch (wie in Kaufbeuren)         trotz unterdurchschnittlicher Stadt-Entwicklung (wie in   Kaufbeuren seit Jahrzehnten der Fall…) erscheint „doppelt“          fragwürdig!

–      Ansiedlungsabsichten am RTW?

Co-Sprecher Karl Ilgenfritz berichtete, dass bereits vor einigen Jahren einem Grundstücksbesitzer am RTW Pläne (die dem Agenda21AKKlimaschutzKaufbeuren auch im Original vorliegen) unterbreitet wurden, die am RTW die Errichtung einer Art Fitness- und Saunazentrum… vorsehen wollen. Begründet wurden die Pläne u. a. damit, dass Kaufbeuren + Umgebung angeblich ein nicht ausgeschöpftes Kunden-Potential habe, das bisher in Bad Wörishofen… seinen Freizeit-Neigungen nachgehen könne. Mit einem entsprechenden Angebot könne man dieses bisher für Kaufbeuren „verlorene“ Kunden-Potential angesichts des sich stetig steigernden Freizeitinteresses auch in Kaufbeuren binden. Aus dem Kreis der AK-Teilnehmer wurde hierzu geäußert, dass sich am RTW bzw. in einem etwaigen dortigen Baugebiet im Sturm-Schutzwaldgebiet Riederloh I + II wohl kaum ein klassischer Gewerbebetrieb (z. B. Metzger, Bäcker oder eine Kfz.-Werkstätte o. dgl.) ansiedeln werde. Eine  Ansiedlung eines Sauna-Zentrums…

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wäre allerdings an anderer Stelle – und ohne jeglichen Schutzwald-Eingriff – ebenfalls möglich und im Rahmen einer dann einsetzenden Abwägung mit den  vorhandenen und gegenläufigen Schutzwald-Interessen zwingend zu beachten.

Anm.: Vgl. hierzu auch Ausführungen in der RTW-Systematik.

–      Herbstversammlung des Agenda21AKKlimaschutzKaufbeuren

Peter Orendi kündigte an, dass am Donnerstag, 13. 10. 2011 –      20.00 Uhr – in der VHS, ZiNr. 105 – die Herbstversammlung des          Agenda21AKKlimaschutzKaufbeuren stattfinden werde.       Im Mittel-   punkt steht dabei das forstfachliche Referat von Stadtrat und FD   Gerhard Limmer über die „Weihenstephaner Erklärung“, die die      Bedeutung des Waldes mit seinen Funktionen für den Klimaschutz thematisieren wird.

Diese Herbstversammlung gehört auch zum örtlichen Programm   des „Internationalen Jahres der Wälder – 2011“.

Aufgenommen am 24. März 2011

Karl Ilgenfritz

Co-Sprecher/Schriftführer

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